Donnerstag, 31. Dezember 2015

Jubiläum - 100 Pressetermine

Am 19. April habe ich den ersten Artikel für die Lokalzeitung geschrieben. Heute komme ich eben von meinem 100sten Zeitungstermin, sichte die Bilder, taue wieder auf und lausche dem leisen Schnorcheln der Katze. Auch, wenn ich ab und an über meinen Nebenjob schimpfe und schreiben meist von Flüchen begleitet wird, bin ich grade sehr verliebt in die Redaktion, das Schreiben und alle Arten von Terminen.


Ich musste in letzter Zeit immer wieder an die Eltern eines Ex-Freundes denken, die fürs Fernsehen arbeiteten und in ihrer Freizeit überhaupt keine Lust auf Veranstaltungen jeglicher Art, sei es der Besuch in der Oper oder der Bummel übers Dorffest, hatten. Für sie war das alles nur mit Arbeit verknüpft und somit absolut nicht freizeittauglich.
Vielleicht werde ich, wenn den 100 Terminen noch ein paar Nullen hinzugefügt sind, auch anders denken, aber bislang sind viele Termine einfach nur eine Freizeitbereicherung. Sachen, die ich sonst zwischen Netflix, faulenzen, lesen und stricken nicht unbedingt gemacht hätte, die mich aber trotzdem bereichern. Keine Frage, die neue Blickrichtung ist da und der innere Radar für tolle Zitate läuft immer mit. Kein Weihnachtskrippenspiel mehr ohne währenddessen einen halben Artikel im Kopf zu formulieren. Genauso fraglos sind Jahresrückblicke von Gemeinde xy mit Grußwort von Landrat ganz-wichtig und Landtagsabgeordnetem wählt-mich-wieder nicht der Knaller.

Dem gegenüber stehen aber Termine, bei denen ich auf ganz wunderbare Menschen getroffen bin. Menschen, die einfach mal einen Sonntag opfern, wenn ich die falsche Einsatzzeit aus der Redaktion bekommen habe und mir bei Kaffee und Kuchen mit privaten Bildern und einem ausführlichen Bericht über das Event aushelfen, damit der Artikel doch noch entstehen kann. Chefärzte, die sich weit über eine Stunde freischaufeln, um mich mit Büchern und Schaubildern tiefer in die Schlaganfall-Vorsorge einweihen. Obst- und Gartenbauvereinsvorsitzende, die mich in die Geheimnisse der Kirschbäume einweisen, dabei von Vereinsmitgliedern fleißig unterstützt werden ("Jetzt erzähl dem Mädle doch mal was, damit sie auch über was schreiben kann.") und natürlich die Frauen der Vereinsvorsitzenden, die ein Stück selbstgebackenen Kuchen nach dem anderen vor mich hinstellt.


Ohne Zeitung wäre ich nie zum Silvestermosten gegangen oder in den Weihnachtszirkus und hätte dort nie einen echten Elefanten mit Karotte füttern dürfen. Ich wüsste nichts über Kohlenmeiler, Rosenzucht und die Arbeit von Steinmetzen oder wäre mit mit tiefem evangelischen Staunen in einer Primiz gesessen.
Im Versuch ein bisschen aufzuräumen habe ich mir neulich den Zeitungsstapel des letzten halben Jahres vorgenommen, Sportteile aussortiert und nur die wichtigen (meine) Artikel aufgehoben. Eine Reise durch die Vergangenheit. An den alten Artikeln kleben Erinnerungen und Stimmungen, sie sind verknüpft mit Begegnungen, automatisch weiß ich wieder, was ich an diesem Tag sonst noch gemacht habe, wie ich mich gefühlt habe und welchen Menschen ich begegnet bin.






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