Samstag, 10. Dezember 2016

Tim Mälzer oder der Glauben an die Liebe

Irgendwie hat Lokaljournalismus ja schon einen schlechten Ruf. Vereinsmeierei statt Glanz und Glamour. Und noch nicht mal Skandale, die aufgedeckt werden oder Reporter, die im Namen der Meinungsfreiheit auf allen vieren durch den Urwald robben. Ohne Zweifel klingt das Kochevent mit Tim Mälzer wesentlich chicer als der Besuch beim Gnadenhochzeitspaar.


Unterm Strich zeigt sich beim Kochevent vor allem, dass Tim Mälzer sich vor allem ganz schön wichtig fühlt und eines ganz sicher nicht hat, nämlich Egoprobleme. Die gesamte Veranstaltung dauerte stundenlang, der Hauptteil fand zudem unter Ausschuss der Öffentlichkeit statt (böse Zungen aka ich behaupten das sei, um zu vertuschen, dass er nicht einmal eine Zwiebel schneiden kann). Das Begleitteam war mindestens genauso arrogant, auf jeden Fall dreimal so demonstrativ gelangweilt von uns Provinzpflanzen und laut der geheimen Meinung der Verkoster war das Essen bei weitem nicht so gut, als dass es dieses Bohei rechtfertigen würde.
Persönliche Anmerkung am Rande: Das wundert mich übrigens wirklich, dass bei diesen Unmengen an Fett, Öl und Butter irgendwas nicht schmecken kann ist nahezu unvorstellbar.


Nein, dann doch lieber die über 90-jährigen, tatterigen Leutchen, die mir ihre Liebes- und Lebensgeschichte erzählen. Die Geschichte einer 16-Jährigen, die auf der Straße von einem fremden Mann angesprochen wird, der sie gesehen hat und sich vom Fleck weg in sie verliebt hat. Zugleich aber auch die Geschichte eines Krieges, der sie zwei Jahre lang trennte. Eine Zeit, die sie mit 350 Briefen und der festen Überzeugung "wir wussten, dass wir zusammen gehören" überstanden. Mit 20 und 24 Jahren haben sie dann geheiratet.
Heute sind sie unverkennbar alt. Er schwankt bei jedem Schritt, sie kann sich ohne seine Hilfe nicht einmal mehr aufrichten. Und dennoch, wenn ich mit die Beiden anschaue, dann geht mir das Herz auf. Dann sitzen mir Menschen gegenüber die durch und durch warm und wahrhaftig sind. Wenn er immer noch stolz von "meiner Frau" spricht und wenn sie gemeinsam über das Bräutigamsoutfit ("alles geliehen, nur Schuhe und Unterhose waren meine") lachen, dann bin ich ihnen komplett verfallen und wohl auch Lokaltippse aus Überzeugung, weil ich mir in diesem Moment keinen besseren Job vorstellen könnte.