Montag, 14. März 2016

Madame Bovary - Gustave Flaubert


Madame Bovary
Gustave Flaubert
1856 erschienen


Titelbild von den Seiten des Suhrkamp Verlags.
454 Seiten


Madame Bovary schwebt förmlich über dem Literaturstudium. Da ist der eine Professor, der von den drei großen Frauenromanen - Anna Karenina, Effi Briest und Madame Bovary - erzählt (welche übrigens alle einen Ehebruch thematisieren). Dort der andere Professor, der nicht müde wird, den Erzählerwechsel zu erläutern und dass der Klassenkamerad aus Kapitel eins später nie wieder als Erzähler auftauchen wird.



Es war also nur eine Frage der Zeit, bis Emma (Madame Bovary) auch auf meinem Lesestapel landet. Umso schöner, dass ich vom Suhrkamp-Verlag ein Rezensions-Exemplar bekommen habe, was mir angesichts meines Mini-Blogs ungefähr drei Tage lang ein breites Lächeln bescherte.
Nachdem das Dauergrinsen vergangen war, lag das Buch, ehrlich gesagt, erst noch eine Weile. Unerklärlicher Respekt und die leise Befürchtung vor der altertümlichen, anstrengenden Sprache der Klassiker hat mich zögern lassen.



Dann die Überraschung, eine wundervolle Sprache, ebenso wundervoll übersetzt (Maria Dessauer). Sätze klar und  funkelnd, eine wahre Freude.

"Eines Tages trat er gegen drei Uhr ein; alle Welt war auf den Feldern; er trat in die Küche, bemerkte Emma aber zuerst nicht; die Wetterläden waren geschlossen. Durch die Ritzen des Holzes zog die Sonne über die Fliesen lange dünne Lichtbahnen, die sich an den Kanten der Möbel brachen und an der Zimmerdecke zitterten. Auf dem Tisch liefen Fliegen an benutzen Gläsern empor und summten, wenn sie am Grund im restlichen Apfelwein versanken. Das durch den Kamin einfallende Licht verlieh dem Ruß auf den Herdplatten Samtglanz und färbte die kalte Asche bläulich." (S. 34f)

Eine mehr oder weniger willkürliche Stelle, einfach nur, um zu zeigen wie dicht Flaubert die Atmosphäre schildert und wie schön das alles ist.
Sogar Emma ist schön. Jung verheiratet mit dem Landarzt Charles Bovary und unglücklich über die Einfachheit des Dorflebens und das Fehlen des von ihr erhofften sozialen Aufstiegs. In all ihrer Sehnsucht nach Liebe und Geld und Luxus wird sie seltsamerweise nie unsympathisch. Stattdessen habe ich mit ihr gelitten und die Erfüllung all ihrer Träume gewünscht.

"Bedurfte die Liebe nicht, ähnlich den irdischen Pflanzen, eigens bereiteter Böden, einer besonderen Temperatur? Die Seufzer im Mondschein, die langen Umarmungen, die Tränen auf den Händen, von denen man sich löst, alles Fieberschauern des Fleisches und alles Schmachten der Zärtlichkeit war also nicht zu trennen von den Balkonen der großen Schlösser und ihrer Muße, vom Boudoir mit den Seidenvorhängen und Teppichen, von den vollen Blumenständern, einem auf der Estrade stehenden Bett oder vom Funkeln der Edelsteine und von den Achselschnüren der Livreen." (S. 81)


Auch die Gesellschaft wird aufs Korn genommen, genau beobachtet und geschildert. Die Liebe zum Detail geht bis in die Nebenfiguren. Für langsame Leser ist das vielleicht ein bisschen zäh, ich bin glücklicherweise schnell und konnte auch das genießen. Weniger willkürlich noch eine Stelle zur Gesellschaft und den Konventionen am Beispiel von Emmas Gedanken zum Wunschgeschlecht ihres Kindes:

"Ein Mann ist zum mindesten frei; er kann Leidenschaften und Länder durcheilen, Hindernisse überwinden, nach den fernsten Glücksgütern greifen. Eine Frau dagegen wird immerfort daran gehindert. Passiv und beweglich zugleich, hat sie die Schwäche des Fleisches und die vom Gesetz bestimmten Abhängigkeiten gegen sich." (S. 119)

Das Titelbild entstammt ja der Neuverfilmung von 2014. Ist die denn sehenswert?

Dienstag, 8. März 2016

Brot und Rosen

Heute ist also Weltfrauentag - Brot und Rosen forderten einst die Gewerkschaftlerinnen und meinten damit, dass mehr als nur ein gerechter Lohn notwendig ist. Ich habe heute Rosen gekauft und das Wochenende Revue passieren lassen, das die Frage ob und warum es diesen Tag (noch) braucht ziemlich eindeutig beantwortet.


Das mittelgroße Kaff, für dessen Zeitung ich schreibe, hat bereits am Wochenende mit Veranstaltungen begonnen.
Also stand ich pünktlich und mit großen Erwartungen am frühen Samstagmorgen im immerhin zweitgrößten Veranstaltungsraum der Stadt. Nur eine Stunde später bin ich, sehr desillusioniert, wieder von dannen gezogen. Vielleicht ist es einfach Pech Termine zu bekommen,  deren Themen einem am Herzen liegen und man kann unter diesen Bedingungen nur enttäuscht werden. Oder aber, und das erscheint mir wahrscheinlicher: Die Veranstaltung war tatsächlich schlecht. 
Insgesamt vier Gruppen stellten sich vor, darunter auch der Deutsche Hausfrauenbund, der über die Hälfte der Ausstellungsfläche einen Flohmarkt veranstaltete und sein Engagement zur Stärkung der Hausfrauenrechte bekannte.  
Die Dachorganisation brachte aus dreierlei Farben gebastelte Papier-Blumen unter die Menge, auf deren Blätter die nächsten Sitzungstermine versammelt waren und eine dritte Gruppierung verkaufte Kaffee und Kuchen. 
Schon auf dem Weg aus dem Gebäude schrieb ich an Freundinnen: "Man hätte so tolle Sachen organisieren können, Vorträge, Kurse, alles mögliche. Stattdessen basteln, shoppen und Kaffeeklatsch. Traurig, dass ausgerechnet an diesem Tag nochmal alle Klischees bedient werden."

Abends fand (ohne Bezug zum Weltfrauentag) der traurige Abgesang statt.
Ein schwäbischer Kabarettabend nach Hausfrauenart hieß es. Gefühlt war Mario Barth in eine schwäbische Hausfrau gesteckt worden. Klingt minimal anders, ist aber unterm Strich ein und derselbe Unsinn.
Alle Frauen quasseln die ganze Zeit ohne Punkt und Komme, lästern über die Verwandt- und Bekanntschaft, gehen gemeinsam auf Klo und im Zweifelsfall lieben sie Inneneinrichtung und stellen alles voller Nippes, Deckchen und Duftkerzen ("Isch die Hütte noch so kloi, bissel Kruscht passt immer nei.")
Am schlimmsten: Die gesamte Halle brüllt vor Lachen, ist ja schließlich alles "so aus dem Leben gegriffen."


Gut, dass heute Weltfrauentag ist. Gut, dass an der ein oder anderen Stelle nochmal das Augenmerk darauf gelegt wird, dass eben nicht alle Frauen immer gleich sind und alles Männer immer so und so. Gut, dass Alltagssexismus, Feminismus, Gewalt gegen Frauen, Gleichberechtigung und und und nochmal genauer betrachtet werden. 

Wer noch weiterlesen möchte kann zum Beispiel hier oder hier noch fündig werden. Einen schönen Link zum Thema rape-culture und alleine reisen hat mir neulich eine Freundin geschickt. Hier entlang.
Die Dauer-Empfehlung für den Lila Podcast kann gar nicht oft genug wiederholt werden. Weltgeschehen und Debatten werden aus feministischer Sicht besprochen - unaufgeregt, reflektiert und fundiert hat mir dieser Podcast viel beigebracht.

Dienstag, 1. März 2016

Alltagsschnipsel im Februar

Die Landtagswahl in Ba-Wü naht in großen Schritten, was unter anderem zu Gesprächen wie diesem führt:

Trulla von irgendeinem Umfrageinstitut (Ferndiagnose: blonde Strähnen, Hello-Kitty-Handyhülle):
"Ja guten Tag, Frau gudrunella. Ich rufe vom Institut Sowieso aus Tüdeldü an mache eine Umfrage zur LandStagswahl. Könnten Sie bitte ein paar kurze Fragen beantworten.
Wissen Sie schon, was Sie bei der diesjährigen LandStagswahl wählen wollen? Was haben Sie denn bei der letzen LandStagswahl gewählt? Laut bisherigen Umfragen zur LandStagswahl....."

Frau gudrunella (Nahdiagnose: Mit dem Klingeln aufgewacht, sämtliche Erkältungspestbazillen auf sich vereinigt, inzwischen 11 Semester Politikwissenschaft hinter sich, nach dem fünften falschen Fugen-S eventuell ein bisschen grantig.):
"Entschuldigung, aber es heißt Land-Tags-Wahl. Land-Tags-Wahl! Das funktioniert so nicht, wenn Sie das falsch sagen."

Umfragetrulla: (kichert, ungefähr eine halbe Oktave höher als zuvor, was an sich schon erstaunlich ist) "Oh, das muss an der Verbindung liegen. Wir sind dann auch am Ende."

Zack - aufgelegt.
Ewig schade.


Februar ist Fastenzeit, in meinem Fall Zucker fasten. Oder in anderen Worten: In meinem Fall schlechte Laune. Vor allem momentan finde ich das sehr genussfeindlich und überhaupt nicht bereichernd. 
Zum Ausgleich gegen die schlechte Laune ist der Zweitvorsatz jede Woche einen Brief zu schreiben. Altmodisch von Hand - mit Füller und zur Post tragen. Ich finde WhatsApp großartig, keine Frage. Aber ich hoffe sehr, dass die sechs Auserwählten, die mit meinen Ergüssen bedacht werden, sich freuen auch abseits der schnellen Kommunikation mal von mir zu hören. Und es lenkt immerhin für kurze Zeit vom Zuckerwunsch ab.


Neulich wurde ich gefragt, ob ich Morgen- oder Abendduscher sei.
Und ja, im Allgemeinen überzeugter Morgen- und Heißduscher. Inclusive krebsroter Haut und durchdringender Einsingübungen. Ausnahmen bestätigen die Regel. Letzte Woche zum Beispiel. Um kurz vor acht aufwachen (Man sollte ja meinen, ein Körper, der um halb elf schlagen geht, wacht spätestens um sieben von allein auf. Meinem hingegen entlockt das nur ein müdes (Wortwitz!) Lächeln.) und sehen, dass die Babysittermama Notfall funkte und mich um acht erwartete. Da war logischerweise nicht viel mit duschen, da reichte es gerade noch um in die Klamotten vom Vortag zu hüpfen (inclusive der Knete- und Tesareste, die von der vorrätigen Bastel-Session noch klebten). 

Nun ja, long story short: Der letzte Monat war sehr babylastig.
Aber, und das ist sehr schön: Zweimal bin ich direkt von den Babys ins Theater gefahren. Nachdem ich neulich festgestellt habe, dass ich trotz großer Liebe zu den Bühnenkünsten sehr selten gehe, habe ich kurzentschlossen zwei Tickets gekauft. 
Das Ingolstädter Stadttheater liegt nur eine halbe Stunde von der Unistadt entfernt und trotzdem war ich davor noch nie. Ehrlich gesagt, wird es wohl auch bei den zwei Malen bleiben. Es war eine nette Abendunterhaltung, keine Frage und allein die klassische Inszenierung der Stücke war angenehm. Aber letztlich vor allem schauspielerisch halt doch "nur" Ingolstadt. Schade, wenn gleichzeitig tanzen und singen zu schwierig wird. Und auch schade, wenn einen Inszenierung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner des Untenrum-Humors setzen muss. 
Aufruf: Geht mehr ins Theater, aber investiert vielleicht lieber das Geld für ordentliche Tickets. Lohnt sich!